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Stuttgart 21

"Lieber lasse ich mich anspucken"

Stuttgart 21: "Lieber lasse ich mich anspucken"
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Mal wieder sollen die Kosten für Stuttgart 21 massiv steigen, und auch Gerüchte einer verzögerten Eröffnung machen die Runde. Eine Chronologie von bald 30 Jahren immer neuer Kostensteigerungen, falscher Versprechen und dementierter Warnungen, garniert mit Zitaten.

18. April 1994: Bahnchef Heinz Dürr, Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel, Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann, Landesverkehrsminister Hermann Schaufler und Stuttgarts Oberbürgermeister Manfred Rommel (alle CDU) stellen das Projekt Stuttgart 21 vor.
"Es wäre verlogen, jetzt bereits eine zeitliche Dimension zu nennen." Manfred Rommel, Stuttgarter OB

November 1995: Bahn, Bund, Land und Stadt unterzeichnen eine Rahmenvereinbarung, in der auch die Finanzierung des auf 4,893 Milliarden Mark (2,502 Milliarden Euro) veranschlagten Projekts festgelegt wird. Laut dem zugleich vorgelegten "Synergiekonzept" soll fast die Hälfte der Kosten (1,1 Milliarden Euro) aus Grundstückserlösen finanziert werden.
"Wenn wir diese Chance vertun, wird der Stadt, der Region und dem Land ein Schlag versetzt, von dem sie sich 30 Jahre lang nicht erholen." Manfred Rommel

Juli 1999: Der Aufsichtsrat der Bahn stellt alle Großprojekte auf den Prüfstand – auch Stuttgart 21. Bahnchef Johannes Ludewig will das Projekt auf Eis legen.
"Ich habe damals abgelehnt, dieses Projekt durchzuführen zu Lasten der anderen Projekte in Deutschland, die aus meiner Sicht genauso wichtig waren, vor allem die Erhaltung des Bestandsnetzes." Johannes Ludewig, 2010 im Rückblick

März 2001: Einigung über Kosten und Bauzeiten für S 21 und die Neubaustrecke (NBS) nach Ulm. Von den Vorfinanzierungskosten tragen Land, Stadt und Region demnach jeweils 50 Millionen Mark, Bund und Bahn statt bislang 60 nun 120 Millionen Mark.
"Es gibt bis zur Stunde nicht den geringsten Grund daran zu zweifeln, dass die Kostenschätzung nicht stimmt." Erwin Teufel, Ministerpräsident

Oktober 2001: Beginn des Planfeststellungsverfahrens.

Dezember 2001: Die Stadt Stuttgart kauft der Bahn für 459 Millionen Euro die Grundstücke des Gleisvorfelds am Hauptbahnhof ab.
"Wir treten in Vorleistung für den geplanten Bau des unterirdischen Bahnhofes. Die Bahn ihrerseits beteiligt sich bis 2012 mit 62,3 Millionen Mark an der Vorbereitung der Bauarbeiten." Wolfgang Schuster (CDU), Stuttgarter OB

Juli 2004: Bahn und Landesregierung wehren sich gegen Spekulationen über eine Kostenexplosion.

Oktober 2004: Erneut gibt es Meldungen, das Projekt stehe aus Gründen der Finanzierung vor dem Aus. Die offiziellen Baukosten für Stuttgart 21 liegen bei 2,6 Milliarden Euro.
"Nach allem, was wir wissen, gibt es keine Kostenexplosion bei der Tieferlegung des Hauptbahnhofes. (…) Eine Kostenexplosion schließe ich zu 99 Prozent aus." Stefan Mappus (CDU), Landesverkehrsminister

Februar 2005: Das Eisenbahn-Bundesamt erteilt die Baugenehmigung für die Umwandlung des Bahnhofs.
"Ich rechne mit einem Baustart im kommenden Jahr. (…) Kostensteigerungen sehe ich nicht, wenn man die Inflation berücksichtigt." Stefan Mappus, Landesverkehrsminister

März 2005: Die Grünen-Fraktion im baden-württembergischen Landtag legt Zahlen vor, wonach bei der Finanzierung von Tiefbahnhof und Neubaustrecke eine Lücke von 975 Millionen bis 1,45 Milliarden Euro bestehe.
"Das Projekt ist finanziell und verkehrspolitisch ein schwarzes Loch." Boris Palmer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion
"Die angeführten Risiken sind bei der Planung bereits berücksichtigt." Stefan Mappus, Landesverkehrsminister

Oktober 2006: Der Bund vertagt die Entscheidung über seine Beteiligung an dem Bahnhofsvorhaben. Der Landtag beschließt mit dem Stimmen von CDU, SPD und FDP ein Bekenntnis zum Projekt. Die Gesamtkosten haben sich laut einer neuen Wirtschaftlichkeitsberechnung der Bahn auf 2,8 Milliarden Euro erhöht.
"Ich bin enttäuscht, dass der Bund schon wieder keine abschließende Entscheidung getroffen hat, die auch Aussagen zur Finanzierung enthält." Stefan Mappus, Landesverkehrsminister

November 2006: Aus Bahnkreisen verlautet, der Umbau des Hauptbahnhofs und dessen Anbindung an die Neubaustrecke nach Ulm könne wegen Baukostenrisiken erneut teurer werden.
"Es gibt auch keine Lücke von 1,5 Milliarden Euro." Wolfgang Drexler, SPD-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag
"Jetzt haben wir eine Chance, die sich uns vielleicht nie mehr in dieser Form bieten wird." Heribert Rech (CDU), Landesinnenminister

19. Juli 2007: Memorandum of Understanding: Bund, Bahn, Land und Stadt verständigen sich in Berlin auf eine gemeinsame Finanzierung von S 21. Eine bindende Finanzierungsvereinbarung steht aber noch aus.
"Wir schießen 950 Millionen zu, weil wir Zeit gewinnen. Baden-Württemberg kauft wertvolle Jahre aus Steuermitteln." Günther Oettinger (CDU), Ministerpräsident

18. Juli 2008: Die Münchner Verkehrsexperten Martin Vieregg und Karlheinz Rössler, die den in München geplanten Transrapid mit ihren Finanzprognosen zu Fall gebracht haben, sagen für S 21 eine Kostensteigerung um 2,5 Milliarden Euro auf 5,3 Milliarden voraus, bei einer jährlichen Baupreissteigerung von zwei Prozent.
"Die Bahn hat nichts richtig falsch gerechnet, sondern alte Pläne nicht an die heutigen Gegebenheiten – veränderte Tunnelbaulängen und Inflation – angepasst." Verkehrsexperte Martin Vieregg
"Wir können bei den vorgelegten Zahlen markante Fehler nachweisen." Günther Oettinger, Ministerpräsident, zum Vieregg-Rössler-Gutachten

19. August 2008: Die CDU-/FDP-Landesregierung räumt auf einer Kabinettssondersitzung mitten in der parlamentarischen Sommerpause Mehrkosten von insgesamt rund einer Viertelmilliarde Euro für Stuttgart 21 ein.
"Die Berechnung der Kosten berücksichtigt alle heute bekannten Daten und entspricht den unter Fachleuten anerkannten Standards." Günther Oettinger, Ministerpräsident
"Wir haben den Risikofonds hoch dotiert, obwohl niemand damit rechnet, dass wir ihn ausschöpfen." Heribert Rech, Landesinnenminister
"Das ist jetzt nicht nur der Gürtel, da ist auch noch ein Hosenträger dran, damit garantiert nichts rutscht. Die vorhergesagte Kostenexplosion ist nicht plausibel, denn das Münchener Büro geht an mehreren Stellen von falschen Zahlen aus." Oliver Kraft, Vorstand Produktion der DB Netz AG

3. November 2008: Der Bundesrechnungshof veranschlagt in einem neuen Bericht mindestens 5,3 Milliarden Euro Kosten für Stuttgart 21. Bund, Land, Region, Stadt und Bahn nennen aktuell 3,07 Milliarden Euro und einen Risikozuschlag von 1,3 Milliarden Euro.
"Der Bundesrechnungshofs geht in einzelnen Punkten von falschen Zahlen aus. (…) Berechnungen der Bahn sind vom Bund mehrfach geprüft worden. Die Bahn arbeitet nicht mit Mutmaßungen, und sie arbeitet nicht mit Annahmen." Heribert Rech, Landesinnenminister

2. April 2009: Finanzierungsvertrag: Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Bahn-Vorstand Stefan Garber unterzeichnen die Finanzierungsvereinbarung für Stuttagrt 21. Kalkuliert wird mit 3,076 Milliarden Euro Kosten, plus einem Risikotopf von 1,45 Milliarden, zusammen also rund 4,52 Milliarden Euro. Das Land beteiligt sich inklusive Risikopuffer mit maximal 930 Millionen Euro am Projekt, die Stadt mit 292, die Region mit 100 und der Flughafen mit 227 Millionen.
"Damit fließen mehr als fünf Milliarden Euro in die Region und schieben ein Konjunkturprogramm an, von dem zehntausende Arbeitnehmer profitieren können." Günther Oettinger, Ministerpräsident
"Stuttgart steht eine neue Gründerzeit bevor, denn in diesem Projekt kommen Wirtschaft, Mobilität und Stadtentwicklung ideal zusammen." Wolfgang Tiefensee (SPD), Bundesverkehrsminister

9. August 2009: Der neue Bahnchef Rüdiger Grube nennt in einem "Spiegel"-Interview S-21-Kosten von mehr als 4,5 Milliarden Euro "nicht darstellbar".

8. November 2009: Im Bahn-Aufsichtsrat werden Kostensteigerungen von einer Milliarde Euro diskutiert und Möglichkeiten, Stuttgart 21 deshalb abzuspecken. Im Herbst hatte Bahnchef Grube das Projekt neu berechnen lassen, wobei zunächst Kosten von 4,9 Milliarden Euro identifiziert wurden. Grube lässt Einsparpotenziale prüfen, so soll etwa die Tunneldicke an verschiedenen Stellen deutlich reduziert werden, wodurch die Neuberechnung auf 4,088 Milliarden Euro herunterkorrigiert wird.
"Für mich liegt die Sollbruchstelle bei 4,5 Milliarden Euro." Bahnchef Rüdiger Grube, 9.11.2009

9. Dezember 2009: Grube geht mit einer Kostenschätzung von 4,1 Milliarden Euro in den Bahnaufsichtsrat. Dieser billigt trotz der Kostensteigerung von einer Milliarde das Vorhaben, davon ausgehend, dass 2017 die ersten Züge durch den Tiefbahnhof und auf der neuen Strecke fahren.

10. Dezember 2009: Nach einer mehrstündigen Diskussion treten in Stuttgart Vertreter von Bahn, Land, Stadt und Region Stuttgart mit einer Einigung auf das Bauvorhaben vor die Medien – bis Jahresende 2009 hätte jeder Projektpartner noch aus dem Projekt aussteigen können.
"Das ist das größte grüne Projekt, das Stuttgart und die Region je erlebt haben. (…) Um die Finanzierung mache ich mir keine Sorgen. Die Stadt hat ein Sparbüchle angelegt". Wolfgang Schuster, Stuttgarter OB
"Es wird eine akribische Kostenkontrolle geben, in die auch externe Sachverständige einbezogen sind." Günther Oettinger, Ministerpräsident

2. Februar 2010: Symbolischer Baustart von S 21. Bahnchef Rüdiger Grube, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), Ministerpräsident Günther Oettinger und Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (beide CDU) lassen, begleitet von Protesten, im Kopfbahnhof den ersten Prellbock entfernen.
"Die Zukunft hat begonnen. (…) Die junge Generation wird uns eines Tages noch danke sagen." Rüdiger Grube
"Die vielen zusätzlichen Arbeitsplätze und die bessere Lebensqualität durch Stuttgart 21 erregen den Neid anderer Bundesländer." Günther Oettinger, Ministerpräsident

25. August 2010: Der Abriss des Nordflügels des Bonatzbaus beginnt.

30. September 2010: "Schwarzer Donnerstag": Beim brutalen Polizeieinsatz, um einen Teil des Stuttgarter Schlossgartens zu räumen, werden mehrere Hundert Protestierende verletzt.

Oktober/November 2010: Der Protest gegen S 21 ist so groß wie nie, bei Demonstrationen sind teils über 100.000 Menschen auf der Straße. Unter dem Druck greift Ministerpräsident Mappus die Idee einer "Schlichtung" und eines "Faktenchecks" unter der Leitung Heiner Geißlers (CDU) auf. Vom 22. Oktober bis zum 27. November streiten sich Befürworter:innen und Gegner:innen von S 21 über Leistungsfähigkeit, Kosten und Nutzen des Projekts. Am Ende plädiert Geißler für einen Weiterbau mit Nachbesserungen.
"Stuttgart 21 rechnet sich für uns bis zu Baukosten von 4,8 Milliarden Euro." Bahnchef Rüdiger Grube, 11.10.2010
"Lieber lasse ich mich anspucken, als dass ich mich als Lügner bezeichnen lasse." Rüdiger Grube, 4.11.2010

Mai 2011: In ihrem Koalitionsvertrag vereinbart die neue grün-rote Landesregierung, eine Volksabstimmung über den Landesanteil an der S-21-Finanzierung durchführen zu lassen. Der Termin wird später auf den 27. November gelegt. Befürworter:innen wie Gegner:innen von S 21 starten umfangreiche Kampagnen – erstere mit deutlich mehr finanziellen Mitteln.
"Die Kosten bei Stuttgart 21 bleiben im Rahmen – wer was anderes behauptet, lügt!" Nicole Razavi, verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, 23.9.2011
"Wir haben seriös gerechnet." Volker Kefer, DB-Infrastrukturvorstand, 23.11.2011
"S 21 hält Finanzierungsrahmen ein. (….) Bis heute gibt es keinerlei Belege dafür, dass der Kostenrahmen für S 21 nicht ausreichend bemessen wäre." Befürworter:innen-Argumentation in der Informationsbroschüre zur Volksabstimmung
"Weiter ärgern oder fertig bauen?" Spruch auf einem Plakat der Pro-Stuttgart-21-Kampagne

5. November 2011: Der "Spiegel" enthüllt, dass der CDU/FDP-Landesregierung schon 2009 Rechnungen vorgelegen haben, das Projekt könnte bis zu 6,5 Milliarden Euro kosten.

27. November 2011: Bei der Volksabstimmung stimmen 58,8 Prozent der Teilnehmenden gegen einen Ausstieg des Landes aus der S-21-Finanzierung. Die Beteiligung liegt bei 48,3 Prozent.
"Wir haben [...] klipp und klare Verabredungen, die bei 4,5 Milliarden Euro liegen. [...] Das heißt, wir können gut schlafen und werden, zumal wegen des Sicherheitspolsters, mit dem Geld mehr als auskommen." Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), 29.11.2011

12. Dezember 2012: Der Aufsichtsrat der Bahn räumt ein, dass Stuttgart 21 um mindestens 1,1 Milliarden Euro teurer werden wird – womöglich auch mehr.
"Durch die Erhöhung des Finanzierungsrahmens auf 5,626 Milliarden Euro sind alle im Sechs-Punkte-Programm herausgearbeiteten Mehrkosten abgedeckt. Der Aufsichtsrat ist über zusätzliche Risiken informiert worden (...). Diese Risiken können sich auf eine Höhe von mehreren hundert Millionen Euro summieren." Bahn-Homepage zur Bilanz der Aufsichtsratssitzung

19. Januar 2013: DB-Experten würden intern schon von rund 11 Milliarden Euro S-21-Gesamtkosten und einer Fertigstellung nicht vor 2025 ausgehen, sagt Anton Hofreiter (Grüne), Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Bundestags, gegenüber der "Stuttgarter Zeitung". Die DB weist dies zurück.
"Es geht nicht, dass Regierungsmitglieder das Projekt ständig madig machen, verzögern und hintertreiben." CDU-Landeschef Thomas Strobl

5. März 2013: Der Aufsichtsrat der Bahn billigt die vom Vorstand vorgeschlagene Erweiterung des Finanzierungsrahmens um zwei Milliarden auf 6,5 Milliarden Euro.

23. Juli 2013: Erstmals äußert Bahnvorstand Volker Kefer öffentlich Zweifel daran, dass der Stuttgart-21-Tiefbahnhof 2021 in Betrieb gehen kann. Ein Starttermin im Jahr 2023 wird nicht mehr für ausgeschlossen gehalten.

Oktober 2013: Das S-21-Kommunikationsbüro will der "Stuttgarter Zeitung" gerichtlich verbieten lassen, zu schreiben, dass Stuttgart 21 ein Jahr später als geplant – 2022 statt 2021 – in Betrieb gehen soll. Die Unterlassungsklage der Bahn wird schließlich am 9. April 2014 in zweiter Instanz zurückgezogen.

16. Dezember 2015: Projektkosten von bis zu 9,8 Milliarden Euro prognostiziert das Büro Vieregg-Rössler in einem neuen Gutachten. Mit einer Fertigstellung rechnen die Münchner frühestens 2024, eher Ende 2025, so Martin Vieregg im Kontext-Interview.

15. Juni 2016: Der Bundesrechnungshof geht in einem Prüfbericht von bis zu zehn Milliarden Euro Kosten für S 21 aus.

Dezember 2016: Die Bahn reicht Klage gegen ihre Projektpartner (Land Baden-Württemberg, Stadt Stuttgart, Verband Region Stuttgart) auf Übernahme von Mehrkosten ein. Die erste Verhandlung findet am 8. Mai 2023 statt.

22. März 2017: Nach dem überraschenden Rückzug von Rüdiger Grube wählt der DB-Aufsichtsrat Richard Lutz zum neuen Bahnchef.
"Ich bin finster entschlossen, dieses Projekt zu Ende zu führen, und zwar zu einem guten Ende. Wir werden es machen, im Rahmen der Kosten und im Rahmen der Terminpläne, die wir vereinbart haben." Bahnchef Richard Lutz, 23.3.2017

November 2017: Eine erneute Steigerung der Projektkosten wird bekannt: Erst heißt es 7,6 Milliarden. Es werden 8,2 Milliarden (inklusive eines Risikopuffers von rund 500 Millionen), die im Januar 2018 der DB-Aufsichtsrat bestätigt. Außerdem wird mit einer Inbetriebnahme erst 2025 gerechnet.

Februar 2019: Gerüchte machen die Runde, dass im Bahn-Aufsichtsrat von weiteren Kostensteigerungen auf über 10 Milliarden Euro ausgegangen wird.
"Die vorhandenen Puffer haben bisher völlig ausgereicht, um diesen Baupreisanstieg abzufangen." Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla, 28.3.2019
"Wir sind im Kostenplan, der Gesamtwertumfang liegt bei 8,2 Milliarden Euro." Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla, 16. Oktober 2020

Dezember 2020: Kontext enthüllt aufgrund interner Bahn-Dokumente von 2019, dass mit einem Kostenanstieg um 1,4 Milliarden Euro gerechnet werde, also auf 9,6 Milliarden Euro Projektkosten. Auf Kontext-Anfrage nennt die Bahn dies "theoretische Szenarien" und betont, der offizielle Finanzierungsrahmen von 8,2 Milliarden gelte weiterhin.
"Ich kenne keine Unterlagen der DB aus 2019, die Szenarien mit erheblichen Mehrkostenrisiken enthalten und kann sie demzufolge nicht beurteilen. Zu den Kostenangaben der DB gilt für mich: Einstweilen kostet das Projekt 8,2 Milliarden Euro." Landesverkehrsminister Winfried Hermann, Dezember 2020

Dezember 2020: Der Aufsichtsrat der Bahn äußert Zweifel, ob der Finanzierungsrahmen von 8,2 Milliarden Euro ausreicht.

März 2022: Finanzierungsrahmen steigt auf 9,8 Milliarden Euro: Mitte März wird bekannt, dass der DB-Aufsichtsrat über eine Erhöhung des "Gesamtwertumfangs" der Projektkosten auf 9,15 Milliarden Euro, plus eines Risikopuffers von 640 Millionen Euro berät. Am 30. März wird dies vom Aufsichtsrat beschlossen.

1. Dezember 2023: Im Lenkungskreis der S-21-Projektpartner wird verkündet, dass Stuttgart 21 vor dem nächsten Kostensprung stehe – auf welchen Betrag, werde aber erst in der Bahn-Aufsichtsratssitzung am 18. Dezember bekannt gegeben.

7. Dezember 2023: Die Nachrichtenagenturen Reuters und dpa berichten unter Berufung auf Insider, dass bahnintern mit einer Erhöhung des Finanzierungsrahmens auf 11,5 Milliarden Euro gerechnet werde, inklusive eines Risikopuffers von 500 Millionen Euro.

8. Dezember 2023: Der SWR berichtet unter Berufung auf Insider, dass der offizielle S-21-Eröffnungstermin von Ende 2025 nicht zu halten sei – 2026 oder 2027 sei realistischer.

18. Dezember 2023: Der DB-Aufsichtsrat soll neue Zahlen zum Finanzierungsrahmen von S 21 bekannt geben.

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12 Kommentare verfügbar

  • W. Buck
    am 20.03.2024
    Antworten
    Auch nach dem mindestens 10. mal Lesen dieses Artikels rege ich mich noch genauso auf wie bei der ersten Lektüre. Entweder sind alle darin genannten Politiker unfähige Trottel oder aber schlichte Gangster, die alle vor Gericht gehören. Mit welcher Chuzpe Oettinger und Konsorten heute noch auftreten…
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