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Gefährlich

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Gruselig, wie seit einiger Zeit Stimmung gegen Geflüchtete gemacht wird. Kaum eine Partei entzieht sich der AfD-Erzählung, dass sie schuld sind an eigentlich allem, was schief läuft. Nun ist von CDU/CSU und FDP wenig anderes zu erwarten, als auf den Populismus-Zug aufzuspringen, der durchs Land rast. Dass die SPD, wenn's ernst wird, nicht ernst zu nehmen ist mit ihren Grundsätzen wie sozialer Gerechtigkeit und Solidarität, ist spätestens seit Hartz IV bekannt. Jetzt sind auch die Grünen in Person ihrer Parteivorsitzenden Ricarda Lang und des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann mit von der Partie. Es ist hart, aber: Wenn auf der Welt Diktatoren Bürger:innen verfolgen, wenn der Klimawandel ganze Landschaften unbewohnbar macht, wenn Misswirtschaft und Ausbeutung (auch durch den Westen) jungen Menschen jegliche Perspektiven nehmen – dann, ja dann machen sie sich auf den Weg. Nicht nur, aber auch zu uns. Und sie lassen sich nicht von Zäunen, Mauern, Sprengfallen aufhalten.

Vor allem die Industrieländer interessieren sich seit Jahrzehnten nicht ernsthaft für die Ursachen von Not und politischer Verfolgung. Deutsche Regierungen haben sich ausgeruht auf funktionierenden Lieferketten, Exportüberschüssen, billiger Energie und billigen Arbeitskräften aus dem Ausland oder Tarifflucht. Nun sind die Schwierigkeiten nicht mehr zu übersehen. Die AfD reitet seit Jahren den Sündenbock "die Ausländer". Nehmen unsere Frauen weg, wohnen in unseren Wohnungen, haben unsere Jobs. Das ist gefährlich. Das ist Rassismus übelster Art, er befeuert Angriffe, Anschläge, Gewalt.

Und nun machen die anderen Parteien mit. Und alltägliche Probleme sehr vieler Menschen in diesem Land treten in den Hintergrund: Inflation, dadurch sinkende Löhne, hohe Heizkosten. Auch hier gilt seit Jahrzehnten: Keine Regierungspartei hat ernsthaft versucht, die Lage der Armen und der unteren Mittelschicht zu verbessern. Im Gegenteil.

So kochen SPD, FDP, Grüne, CDU/CSU mit Stimmungsmache und einer leider oft genauso platten Berichterstattung die Suppe der AfD. Und scheinen es gar nicht zu begreifen.

Der Unternehmerverband im Südwesten – keine Organisation, die im Verdacht steht, zum Beispiel für gerechte Vermögensverteilung einzutreten – wird langsam nervös: Er befürchtet, dass die ausländerfeindliche Stimmungsmache nicht nur Menschen in Not, sondern auch Fachkräfte aus anderen Ländern davon abhalten könnte, nach Deutschland zu kommen: "Wir sehen mit Sorge, dass die Akzeptanz für die dringend notwendige Erwerbsmigration in der Bevölkerung zu schwinden droht." Nachvollziehbar. Warum sollte eine Ingenieurin oder ein Arzt in dieses Land wollen, in dem aus Fernsehen, Zeitungen, Parlamenten und sozialen Medien schallt: Ihr seid schuld! Wenn die Atmosphäre vergiftet ist, hilft auch kein irgendwann mal digitalisiertes Ausländeramt. Wenn die Atmosphäre vergiftet ist, werden Menschen leiden, Menschen aus anderen Ländern und Hiesige, die finden, dass die Achtung der Menschenwürde ein hohes Gut ist. Und dass wir eigentlich genügend Geld auch für Geflüchtete hätten, wenn die Bestverdiener und Stinkreichen mal zur Kasse gebeten würden für die Allgemeinheit. Aber das ist ja ungefähr genauso schlimm wie Tempolimit auf der Autobahn.

Frauenfragen an Ulmer OB-Kandidat:innen

Wenn in Ulm das Stadtoberhaupt gewählt wird, reden die Frauen in der Münsterstadt traditionell ein Wörtchen mit. Schon kurz nach Kriegsende lud ein überparteilicher Frauenarbeitskreis die OB-Kandidat:innen zur Diskussion. Die Bürgerinnenversammlung war geboren. An diese Tradition knüpft das Ulmer Frauenforum an: Es lud am vergangenen Montag unter dem Motto "Frauen fragen Frauenfragen" die Kandidat:innen ins Ulmer Stadthaus. Kontext-Mitbegründerin Susanne Stiefel wollte als Moderatorin der Veranstaltung wissen, wie die Kandidat:innen Ulm zur Stadt der Frauen machen wollen, und nahm mit zu einer feministischen Stadtplanung mit den Themen Mobilität, Sicherheit, Frauenrepräsentanz. Auf dem Podium saßen der Amtsinhaber von der CDU, Gunter Czisch, Martin Ansbacher von der SPD und Lena Schwelling von den Grünen. Gut 120 Frauen diskutierten mit. Am 3. Dezember wird in Ulm gewählt.


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2 Kommentare verfügbar

  • Bernd L.
    am 13.11.2023
    Antworten
    Mir fällt da spontan der Klimakompromiss ein. Wir transformieren die Gesellschaft zu einer grünen Wasserstoffwirtschaft die aber bitte genauso weiter wächst wie die alte fossile Wirtschaft. Von Umverteilung oder Umweltschutz war nie die Rede . Die Wirtschaft wird ergo weiter hässlich die Reichen…
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